Ein Abend, der niemals hätte enden sollen

Konzertkritik:Ellie Goulding im Hallenstadion
Bildquelle: 
Bäckstage / © Patrick Holenstein

Ellie Goulding – wer kennt sie nicht? Die britische Popsängerin mit unverwechselbarer Stimme. Kaum ist ihre Single «On My Mind» im September 2015 erschienen, kündigte Ellie Goulding ebenfalls eine Arena Tour an. Letztmals war die aufgeweckte Blondine im Februar 2014 in Zürich (Maag Music Hall). Doch was kann man von Ellie erwarten? Ein Arenakonzert in der Schweiz? Eigentlich unglaublich. Wird das Hallenstadion ausverkauft sein? Wie wird die Stimmung? Was stellt Ellie mit dieser riesengrossen Bühne an? Fesselt sie das Publikum? Diese Fragen schossen mir durch den Kopf, als Ellie im Herbst letzten Jahres die Tour ankündigte und auf der Liste «Hallenstadion Zurich» zu sehen war. Das kurz darauf veröffentlichte Album «Delirium» ist vielversprechend. Doch wird sie auch live überzeugen können?

 

Eine ruhige Minute, dann fiel der Vorhang 

 

Die Spannung wuchs, als pünktlich um 21.00 Uhr die ersten Klänge des Intros von «Delirium» ertönten und die Aufmerksamkeit des Publikums ganz dem Bühnenbild galt. Ellie auf Grossleinwand, schnell wechselnde und vor allem farbige Bilder, mysteriöse Geräusche und einige Tänzer, welche die Eröffnung ihrer Show vorbereiteten. Dann stand sie da, hinter einem eleganten goldenen Vorhang, und sang seelenruhig die ersten Töne von «Aftertaste». Dies war nun für eine Weile die einzige ruhige Minute, denn der Vorhang fiel und Ellie legte richtig los. Nach den ersten Liedern verschwand sie durch den Bühnenboden und erschien in einem farbig leuchtenden und dem wahrscheinlich schönsten Ganzkörperdress, den ich je gesehen habe, und performte den nächsten «Delirium»-Titel «Keep On Dancing». Das Publikum wurde dem Songtext gerecht und tanzte mit Ellie und ihren vier Tänzern um die Wette. 

 

Wer die Britin an diesem Sonntag nicht zum ersten Mal live gesehen hat, der weiss, dass Ellie keine Frau der grossen Worte ist. An diesem Abend merkte aber jedermann sofort, dass sie gut gelaunt ist, Freude hat, in Zürich zu sein und sie nur so vor Energie und Motivation strotzte. «Oh Gott, die Zeit geht so schnell vorbei, es macht einfach so viel Spass, mit euch hier zu sein. Ich könnte die ganze Nacht so weiter machen.» Dies betonte sie mehrmals während des ganzen Abends und bedankte sich bei den gut 13‘000 Leuten, welche den Weg ins Hallenstadion gefunden haben. 

 

Bilder von Patrick Holenstein

 

Einen weitereren Kleiderwechsel gab es nach gut einer Stunde. Ellie erschien jetzt in einem weissen Kleid, begab sich auf den vorderen Teil der Bühne und sang mit ihrer Engelsstimme den Song «Explosions» vom 2012-er Album «Halcyon». Gleich daraufhin performte sie das Lied, welches sie für ihre beste Freundin, geschrieben hat: «Army». In den vordersten Reihen wurden Schweizerkreuz-Plakate mit der Aufschrift «Swiss Army» hochgehoben und etliche Schweizer Flaggen wurden im Raum sichtbar. Ellie schnappte sich gleich eine aus der ersten Reihe und legte sie sich um die Schultern. «Jetzt habe ich wohl meine Swiss Army gefunden», sagte sie, berührt von der Reaktion des Publikums und setzte sich zusammen mit ihrem Gitarristen auf die kleine Treppe in der Mitte der Bühne. Etliche Besucherinnen und Besucher warfen mit Liedtiteln um sich, bis Ellie den meistgenannten rauspickte («Lights» vom gleichnamigen Album) und ihn mit Gelassenheit, begleitet von der Akustikgitarre, sang. 

 

Ellie Goulding tanzte als gäbe es kein Morgen mehr 

 

Darauf folgte ein etwa zweiminütiger Unterbruch – natürlich wiederum aufgrund eines Kleiderwechsels. Die häufigen Kleiderwechsel wären nicht unbedingt notwendig gewesen, aber die Unterbrüche störten kaum, denn die Tänzer hatten ordentlich was zu bieten und dürften vor allem für die weiblichen Fans eine Augenweide gewesen sein. Bevor es einem aber langweilig wurde, erschien die Blondine in knappem, schwarzem Dress mit glitzernder Lederjacke auf der Bühne, performte ältere und neue Lieder und tanzte als gäbe es kein Morgen mehr.

 

Die rund zwei Stunden vergingen wie im Flug und auch Ellie betonte zum Schluss nochmals, dass sie am liebsten noch weiter performen würde. «Die Show hat mir so viel Spass gemacht und es ist so schnell vorbei gegangen, das ist bizarr. Ich möchte weiter spielen, aber wir kommen jetzt zum letzten Song. Wenn mich jemand fragt, wohin ich auf meiner nächsten Tour gehen möchte, dann muss ich sicherlich nicht zweimal über Zürich nachdenken. Danke!» Die Show beendete sie nach der Zugabe mit einem ihrer neusten Nummer 1-Hits «Love Me Like You Do» und goldenem Papierschnipsel-Regen. 

 

 

Die 29-jährige Britin weiss, wie sie das Publikum in ihren Bann ziehen kann. Es gelingt auch im Hallenstadion, ihre positive Energie über rund zwei Stunden aufrecht zu erhalten und die Besucherinnen und Besucher mit ihrer aufgestellten Art anzustecken. Wer ihre helle Stimme und Popmusik mag, der ist an einem Gig von Ellie «Gould-richtig».

 

 

Rahel Inauen / Do, 03. Mär 2016